Die Sprache der Mauern
Plakate • Werbung, Propaganda und Protest
30. April 2022 – November 2022
Bildplakate entstehen im Europa des späten 19. Jahrhunderts und spiegeln eine zunehmend kommerzialisierte Welt und bald auch die widerstreitenden politischen Interessen. Durch ihre beeindruckende Größe und Präsenz dominieren Plakate den öffentlichen Raum und tragen zur Gestaltung der Stadtlandschaft bei. Plakate sind kurzlebig, für einen bestimmten Zweck hergestellt, und doch tauchen viele ihrer Elemente immer wieder auf und klingen bis heute im kulturellen Gedächtnis nach. Eine Auswahl von Plakaten aus der Sammlung des Hauses der Europäischen Geschichte wirft in der Ausstellung „Die Sprache der Mauern“ Schlaglichter auf die komplexen Zusammenhänge von europäischer Einheit und Teilung. Sie reicht von der Kriegspropaganda und den Auseinandersetzungen des Kalten Krieges über die grenzüberwindenden Verbindungen durch kulturellen Austausch und Massentourismus bis hin zu den vielstimmigen politischen Auseinandersetzungen durch das Aufkommen neuer sozialer Bewegungen. Die Geschichte der Plakate veranschaulicht zugleich den Wandel der Öffentlichkeit in europäischen Städten. Es wird gezeigt, wie sich die Gestaltung von Plakaten in Europa im Laufe der Geschichte erheblich verändert hat, und ihre länderübergreifenden Parallelen, Zusammenhänge und Verbindungen werden beleuchtet.
Ausstellungsinhalte
Im Abschnitt „Spaltung und Einigkeit“ wird die Rolle von Plakaten als Vermittler und Zeugen von ideologischen Begegnungen und Konfrontationen nachgezeichnet, die die europäische Geschichte seit dem Ersten Weltkrieg geprägt haben. Der Titel bezieht sich auf die Widersprüche und Spannungen, von denen die ideologischen Auseinandersetzungen und bewaffneten Konflikte in Europa im Laufe des 20. Jahrhunderts geprägt waren. Es wird aber auch der Wille zum Ausdruck gebracht, durch friedliche gemeinsame Bemühungen zusammenzuarbeiten und Fortschritte zu erzielen.
Im nächsten Abschnitt, „Grenzen und Verbindungen“, wird die Doppelrolle von Grenzen untersucht. Sie können sowohl physischer als auch konzeptioneller Natur sein, es gibt sowohl konstruierte als auch tatsächliche Grenzen. Europa steht im Zentrum anhaltender Auseinandersetzungen zu den Themen Migration, Menschenrechte, nationale Souveränität und Protektionismus. Dabei gilt Europa den einen als Paradies der Menschenrechte, den anderen als sich abschottende Festung. Kultur- und Sportveranstaltungen, aber auch internationale Messen stehen für den Wunsch nach Austausch und Verständigung. Sie tragen dazu bei, die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Aspekte dessen, was Europa ausmacht, in der persönlichen Begegnung kennenzulernen.
Im Abschnitt „Aktivismus und Protest“ werden Protestplakate untersucht. Sie sind das ideale Medium, um politischen Forderungen Ausdruck zu verleihen, und bezeugen den Kampf für die Menschenrechte. Der wachsende Pluralismus und die Polarisierung der europäischen Nachkriegsgesellschaften geht mit der Ausdifferenzierung der im öffentlichen Raum verhandelten politischen Forderungen, Wertvorstellungen und Gleichheitsvorstellungen einher.
Der letzte Abschnitt der Ausstellung trägt den Titel „Die Zukunft des Plakats?“ und hinterfragt die Rolle von Plakaten heute und in der Zukunft. Trotz Digitalisierung dienen Plakate auch im 21. Jahrhundert immer noch dazu, Botschaften zu vermitteln und unser Verhalten zu beeinflussen. In diesem Abschnitt werden auch Kunstwerke ausgestellt, da Kunst uns häufig dazu anregt, über unsere Existenz und unsere Umwelt nachzudenken.
Einleitung
Spaltung und Einigkeit
Britons [Lord Kitchener] wants You. Join Your Country’s Army!
(Die Briten [Lord Kitchener] wollen DICH. Schließe dich der Armee deines Landes an!)
Alfred Leete (1882–1933)
Vereinigtes Königreich, 1914
Replikat
Imperial War Museum, London, Vereinigtes Königreich
Grenzen und Verbindungen
Aktivismus und Protest
Die Zukunft des Plakats?
Interview mit Rab Harling über die Fotoserie „Abandon your Dreams“ (Gib deine Träume auf). Von Shosho für die Wechselausstellung „Die Sprache der Mauern! Plakate • Werbung, Propaganda und Protest“ des Hauses der Europäischen Geschichte aufgezeichnet.
Zusammenfassung
Plakate dienen als Mittel zur Information, aber auch zur Aufklärung oder sogar zur Manipulation. Sie spiegeln die gesellschaftlichen Kämpfe um Ideen, Macht oder Wohlstand und verleihen den Bürgerinnen und Bürgern eine gewichtige Stimme in verschiedenen sozialen, kulturellen oder politischen Fragen. Plakate können also als Vermittler und Zeugen ideologischer Konfrontationen in der europäischen Geschichte agieren, die die jeweilige Lage widerspiegeln und uns ein facettenreiches Zeugnis von europäischen Geschichten liefern. Das Thema ist daher sowohl für erwachsene Bürgerinnen und Bürger als auch für jüngere Schülerinnen und Schüler ein geeignetes Lerninstrument, um die Medienkompetenz zu stärken und der historischen Entwicklung des „öffentlichen Raums“ in Europa auf den Grund zu gehen.
Das Lernprogramm für „Die Sprache der Mauern“ soll das Publikum sinnvoll einbinden und stellt starke Lernkomponenten bereit, um die Besucher dabei zu unterstützen, die Plakate in den Kontext zu setzen. Wie ist das Plakat von seinem Konzept bis zu seinen Auswirkungen in den historischen Kontext einzuordnen? Wer hat es hergestellt? An welche Zielgruppe war es gerichtet? Mithilfe des Lernprogramms können die Besucher eine Vielfalt an Lernstilen und -perspektiven nutzen. Die Ausstellung wird die folgenden interaktiven Bereiche umfassen:
Bei der interaktiven Station „Lasst uns gemeinsam ein Plakat gestalten!“ werden die Besucher eingeladen, ihr eigenes Plakat zu erstellen und dabei visuelle Fragmente von einigen Plakaten in der Ausstellung zu verwenden. Mit eigenen Slogans und durch die Befolgung von Gestaltungsregeln entstehen aussagekräftige Plakate, die auf einem Bildschirm in der Ausstellung gezeigt werden können.
„Verbindungen finden!“ – Die Besucher werden aufgefordert, Plakate, die sie gerade in der Ausstellung gesehen haben, in den Kontext zu setzen. Das Plakat soll mit dem richtigen historischen Bild verbunden werden, das den Kontext, den Hersteller oder die Zielgruppe abbildet. Die Besucher unternehmen so eine spielerische Reise und versetzen sich in die Lage eines Historikers.
Bei dem Workshop „Wände haben eine Sprache... und ihr, was habt ihr zu sagen?“ werden Grundschulklassen die Meilensteine der europäischen Geschichte nähergebracht. Den Schülerinnen und Schülern werden Mittel für die Analyse von Bildern aus der Vergangenheit zur Verfügung gestellt, um der Frage auf den Grund zu gehen, ob man dem Bild auf einem Plakat trauen kann oder nicht. Schülerinnen und Schüler von weiterführenden Schulen können anhand von Plakaten, in denen Menschenrechte, Migration, die Wahlen zum Europäischen Parlament, Konflikte sowie Kultur- und Sportveranstaltungen vorgestellt werden, mehr über die europäische Geschichte erfahren.